Sonntag, 12. Oktober 2008

Sonntagmorgen 11:29 Waschsalon Rue du Stade

Um mich herum dreht sich alles. Waschsalons sind was tolles. Es ist warm, es riecht schön sauber, der Boden vibriert und man trifft lustige Leute, die sich auch dazu entschlossen haben, an einem schönen Sonntagmorgen bei 19° lieber zu waschen, als in einem schönen Café in der Innenstadt zu sitzen.

Zum Beispiel ist da gerade die Dame um die 50 mit den rot gefärbten Haaren, die noch dringend ein paar Briefe für die morgige Arbeit durchgehen muss. Oder der glatzköpfige Proll mit Sonnenbrille, der seine weißen Tennissocken im Trockner beobachtet, während seine 20 Jahre jüngere Freundin im 3er BMW vor Tür wartet. Gerade eben schaut der nette Opa von nebenan nach seinen Hemden, die noch eine Viertelstunde brauchen und so bringt er die beiden Baguettes, die unter seinem Arm klemmen, noch schnell nach Hause.

Unteranderem sitzt da auch ein 19 Jahre alter Jüngling mit gestreiftem Pulli und Kopfhörern, der auf einer zusammenklappbaren Tastatur irgendetwas zu schrieben scheint. Er wohnt nur 100 Meter entfernt in einem vierstöckigen Haus, wo er seit nun schon fast zweieinhalb Wochen das oberste Appartement mit einer deutschen Frewilligen teilt. Er hat es sehr gut, da die Wohnung 75 m² hat und eine geräumige Küche, seine neues Hobby, und sogar einen kleinen Balkon bietet. Es ist seine erste Wohnung. Wahrscheinlich ist er gerade erst von zu Hause fortgegangen und musste seine Lieben zurücklassen, die ihm sehr fehlen. Die Wohnung hilft ihm wahrscheinlich sich ein wenig mehr einzuleben, doch wird er wohl bald wieder ausziehen. Obwohl die Lage perfekt ist und er nur 3 Minuten zum Strand braucht, stört ihn etwas. Es ist die Sprache. Er hat zuviel Deutsch um ihn herum, so dass er am Wochenende kaum mehr Französisch spricht. Doch dafür ist er doch eigentlich gekommen. Er ist weiter auf der Suche. Er sucht Menschen. Franzosen. Franzosen, die ihn bei sich aufnehmen und mit denen er in einer Gemeinschaft zusammenleben kann. Er schaut sich sogar schon um und zieht wahrscheinlich schon bald aus seiner jetzigen Bleibe wieder aus.

Nun ist auch seine Wäsche fertig. Er nimmt die Kopfhörer ab und faltet seine Tastatur zusammen. Die ganze Wäsche wird in eine rote Einkaufstüte gestopft. Mit einem ausländisch klingendem "Au revoir" verabschiedet er sich von der Zweckgemeinschaft im Waschsalon.Sonntags um halb zwölf.

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